St. Petersburg – Blutkirche – Christi-Auferstehungs-Kirche
Dicht an der Flucht des Gribojedow-Kanals erhebt sich die Christi-Auferstehungs-Kirche (russ. Собор Воскресения Христова). Die im altrussischen Baustil erbaute Kirche besitzt stilistisch keinerlei Verankerung mit Sankt Petersburg. Sie diente eher als Memorialbau nach dem Vorbild der Moskauer Basilius Kathedrale. Zu Ehren des Zaren Alexander II. (1855 – 1881), dem Reformer Russlands, errichtet, der an dieser Stelle ermordet wurde. Eines der meist besuchten Gebäude in Sankt Petersburg ist keine Kirche. Sie ist ein Mosaik-Museum, das größte in Russland.
Geschichte der Blutkirche
Auf den Namen »Auferstehung Christi« wurde einst die Erlöserkirche geweiht. Sie steht ganz in der Tradition der Moskauer und Jaroslawl Architektur des 16. und 17. Jahrhunderts, dennoch wurde sie erst im 19. Jahrhundert zum Ende der monumental-dekorativen Kunstphase erbaut. Zwischen den Jahren 1883 und 1907 beaufsichtigen der Vorsteher der Sergej-Dreifaltigkeits-Einsiedelei Archimandrit Ignatij und der Architekt Alfred Parland (1842 – 1919) die Bauarbeiten.
Sie wurde an der Stelle errichtet, wo der Reformzar Alexander II am 1. März 1881 tödlich verletzt wurde. An der Fassade im unteren Teil der Wand künden 20 Tafeln aus Granit von den wichtigen Errungenschaften des Zaren.
Zum ersten Mal in der Geschichte St. Petersburgs wurden fortschrittliche ingenieurtechnische Leistungen angewandt. Man verzichtete das Fundament mit Holzpfählen zu verstärken, stattdessen entfaltete der Architekt Parland eine Betongrundlage. Ebenso wurde für die Kathedrale extra ein Wasserableitungssystem und ein Blitzableiter entwickelt. Gleichzeitig besitzt sie von Anfang an eine Warmluftheizung und verfügt über Strom. Reich und mannigfaltig wurde die Kathedrale ausgestaltet. So schmücken sie farbige emaillierte Kuppeln, farbige Ziegel und Dachziegel mit Glasur. Ebenso wurden farbig gebrannte Porzellaneinlagen, Marmor und Granit verwendet. Zum Abschluss der Bauarbeiten brachte man 134 Wappen, welche die für den Bau geldgebenden Städte ehren, im Glockenturm an. Am 19. August 1907 konnte die Kathedrale geweiht werden.
1930 beschloss der Leningrader Stadtrat die Kirche zu schließen. Und 11 Jahre später setzte das Komitee für Denkmalschutz den Abriss der Kirche fest. Dann kam der Große Vaterländische Krieg, wie die Russen den II. Weltkrieg nennen und die Kirche blieb stehen. Sie wurde während der 900-tägigen Belagerung als Leichenhaus genutzt. Erst 1970 konnte sie einem neuen Nutzen zugeführt werden. Sie wurde dem »Staatlichen Museum Isaakskathedrale« unterstellt, dessen Vorsitz bestimmte, die Kirche als Mosaikmuseum für den Besucher zu öffnen. Es begann die Zeit der Renovierung und bis zu politischen Wende verschwand das Baugerüst nicht im Blick auf die Blutkirche. 1991 wurde die Kathedrale erneut geschlossen. Die Renovierungsarbeiten wurden von der neu aufstrebenden russisch-orthodoxen Kirche vorangetrieben. Im Jahre 1997 war es soweit, das letzte Gerüst verschwand und die Hallen wurden für den Besucher geöffnet. Ein Gottesdienst wird man jedoch vergebens suchen. Der letzte fand 1930 statt, mit einer Ausnahme am 23. Mai 2004, als der Metropolit von Petersburg, Ladoga und Wladimir eine Gedenkmesse für Alexander II. hielt. Heute huldigt die Blutkirche, die besten Züge der russisch-orthodoxen Kirche.
Ermordung des Zaren Alexander II.
Einer der bemerkenswerten russischen Zaren war Alexander II. (1818-1881), zweifellos aller Zaren. Dies rührt vor allem aus seinen sozialen, militärischen und wirtschaftlichen Reformen: die Abschaffung der Knechtschaft, die Vorantreibung des Eisenbahnbaus nach Sibirien und beruhigte die Querelen in Zentralasien und dem Kaukasus. Alexander II. wollte den Wohlstand in die weiten seines Landes bringen. Das Todesurteil des Zaren wurde schon 1879 durch mehrere Organisationen besiegelt, welche den Adel in Russland vernichten wollten. Sechs Versuche schlugen fehl, ob die Explosion in seinem Eisenbahnwagon oder in seinem Esszimmer im Winterpalais, welches er nur Minuten zuvor verließ. Der siebente Versuch wurde peinlich genau geplant. Die Wege des Zaren wurden genauestens studiert, an welchen Zeremonien er regelmäßig teil, wo fuhr er am liebsten entlang, an welchen Orten ging er spazieren.
Am Nachmittag des 1. März 1881 kam Alexander II. wie gewöhnlich zum Wachwechsel des königlichen Pionierkorps und Reserveinfanterie-Korps, die den Winterpalast schützten. Im Anschluss besuchte er wie immer seinen Vetter und dessen Gattin. Nachdem er dort eine Weile verbrachte hatte, ging er mit seinem Gefolge die Inzhenernaya Uliza in Richtung des Palastquadrates. Hinter dem Gitter des Mikhailovsky-Gartens wartete bereits der Attentäter. Die Bombe in sein Halstuch gewickelt, warf er sie unter den Wagen des Zaren. Die Rückwand des Wagens schleuderte davon, mehrere Menschen wurden verwundet, und der Zar lebte. Der Terrorist versuchte zu flüchten, doch wurde gefasst. Seine Garde flehte den Zaren an, zurück in den Palast zu gehen, doch der Monarch wollte den Tatort besichtigen. Als der Zar sich dem explodierten Wagen näherte, warf ihm Grinevitsky eine zweite Bombe direkt vor die Füße. Die Beine wurden stark verwundet, die Blutung konnte nicht gestillt werden. Der Zar starb wenige Stunden später im Winterpalais. Alle Attentäter wurden am 3. April 1881 in der Nähe des Tatortes öffentlich gehängt. Alsbald erlebte der Platz eine sakrale Bedeutung, er wurde mit einem Holzzaun umgeben und eine Wache wurden postiert. Bald war das nicht genug, Alexander III. verfügte ein Denkmal an dieser Stelle zu errichten. Wenig später beschloss er eine Kirche zum Gedenken zu errichten, wobei die Stadt für die Baukosten aufkommen sollte.
Vorerst wurde ein kleiner Pavillon aus Holz des jungen Architekten L. N. Benois (1856 – 1928, russ. Лео́нтий Никола́евич Бенуа) aufgestellt. Diese wurde am 17. April 1881, dem Geburtstag Alexander II., eingeweiht. Durch eine Glastür der Kapelle konnten die Besucher nun das Blut des Zaren erblicken. Täglich wurden frische Blumen niedergelegt und Gedenkminuten für den toten Monarchen abgehalten. Heute steht innerhalb der Kirche an der Stelle des Attentates ein steinerner Baldachin.
Die Kirche
Die Christi-Auferstehungs-Kirche zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Schon die Perspektive beim Blick vom Newskij-Prospekt lässt sie eindrucksvoll erscheinen. Die unverkennbaren altrussischen Formen lassen gern auf eine »alte« Kirche schließen, die sich klassisch in ihre Umgebung einpasst. Die Kirche ist in der russischen Architektur ein Schlüsselelement in der späten Periode des russischen Stils, der zum ersten Mal Anfang des 19. Jahrhunderts angewendet wurde. Unter allen Architekturstilen war der russische Stil von besonderer sozialpolitischer und kultureller Wichtigkeit.
Der Architekt Parland studierte die russische Kirchenarchitektur des 17. Jahrhunderts und wandte deren Ergebnisse für sein Projekt, ein Gesamtwerk des russisch orthodoxen Kirchenbaus zu schaffen, an. Dies diente nicht zuletzt dazu, das Image der Kirche aufzubessern.
Der Grundstock der Kirche beruht auf vier kompakten, mit den nördlichen und südlichen Giebelfeldern verbundenen, vollendeten Fassaden. Es existieren fünf Kuppeln, wovon die mittlere höher in den Himmel ragt. Insgesamt gibt es neun asymmetrisch aufgestellte Kuppeln über dem Haupthaus der Kirche. Die Zusammensetzung der Kirche erinnert eher an den dekorativen Moskauer Baustil, gesehen an der Basilius-Kathedrale auf dem Roten Platz.
In der Westabteilung der Kirche tritt ein Glockenturm hervor, dessen Aufstellung entlang der Kanalachse macht die Zusammensetzung ähnlich von dreistimmigen Gebäuden aus dem 17. Jahrhundert klar. Lediglich wurde der Glockenturm von der Kirche nicht getrennt aufgestellt.
Eine Kombination aus architektonischen Details, verbunden mit zahlreichen Farben, hinterlässt den schweren Eindruck, überladen zu sein. Gleichzeitig eröffnen einige Teile, besonders die Kuppeln einen vereinigten Rhythmus. Alles strebt zum Himmel empor, in der Hoffnung ihn zu erreichen, ihm vielleicht näher zu sein. Dies zeigen die aufstrebenden Kreuze auf den spitzen der Kuppeln.
Mosaik-Museum (russ. музей мозаики)
Sofort nach dem der Besucher die Kirche betritt, springen ihm erstaunlich viele Mosaike ins Auge. Ikonen und Verzierungen schmücken den kompletten Innenraum bis zur Hauptkuppel hinauf. Die Christi-Auferstehungs-Kirche ist die einzige orthodoxe Kathedrale mit 7065 Quadratmetern Mosaik. Sie besitzt eine der größten Mosaiksammlungen Europas. Eine kolossale Mosaikkunst, die selbst die Sammlung Venedigs übertrifft.
Im Laufe der Zeit wurden die Mosaike zu Ikonen. Selbst der Ikonostas ist ein Mosaik, dessen Schönheit vielen unvergesslich scheint. 12 Jahre, zwischen 1896 und 1907 schufen die Brüder Alexander A. und Wladimir A. Frolow (1874 – 1942, russ. Фролов) in der Mosaikabteilung der Petersburger Akademie der Künste dieses enorme Kunstwerk. Die Mosaike wurden aus gefärbtem Glas zusammengesetzt. Vorlagen hierzu lieferten bedeutende Maler: Wladimir Vasnezow, Michail Nesterow, Wassilij Beljaew, Alexander Rjabuschkin, Nikolai Harlamow. Die Themen wurden dem Neuen Testament entnommen. Die Gesteine, Rodonit, Serrpentinit oder Labradorit kommen aus dem Ural. Der Fußboden und die geschnitzte Ikonenwand wurden aus Marmor aus Italien eingeführt. Mehr als 30 Künstler schufen bis 1907 die gesamte Dekoration.
Adresse: Christi-Auferstehungs-Kathedrale, Gribojedow-Kanal (russ. набережная канала Грибоедова) 2 B, 191011 Petersburg (russ. Санкт-Петербург), Tel. 3142168, 5993999, 30328853
Öffnungszeiten
Geöffnet im Winter: täglich ausser Mittwoch 11.00-19.00 Uhr, Kartenverkauf bis 18.00 Uhr
Geöffnet im Sommer: täglich außer Mittwoch 10.00-20.00 Uhr, Kartenverkauf bis 19.00 Uhr
Eintritt
Erwachsene: 8,50 Dollar
Kinder: 3,60 Dollar
Anreise mit Metro: Newskij Prospekt – Ausgang Kanala Griboedowa
weitere Informationen zu Blutkirche in St. Petersburg
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- Museumskomplex Isaakskathedrale (russ., teilweise eng.)
- Website Blutkirche Petersburger Diözese der Russisch-Orthodoxen Kirche (russ.)
- Webauftritt der Russisch-Orthodoxe-Kirche (russ. Русская Православная Церковь, teilw. in eng.)
- Russisch-Orthodoxe-Kirche in Berlin (russ., dt.)
- Russisch-Orthodoxe-Kirche in Wien (russ., dt.)
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